Matthias, Mitglied des Waldgartenpilot-Kernteams, beschreibt aus eigenem Erleben die Folgen des Klimawandels auf Wald und Mensch.
Der August 2021 in Griechenland war eine besondere Zeit. Es lohnt sich, das hier einmal zu beschreiben:
Wir waren vor der Hitzewelle in die Berge geflüchtet. Doch die Hitze dauerte wesentlich länger als vorhergesagt und so wir machten uns wieder auf den Weg zurück in die Hauptstadt. Zufällig erreichten wir Athen nur wenige Stunden, bevor die ersten Waldbrände nördlich der Stadt den Himmel über der griechischen Hauptstadt verdunkelten. Die Situation der folgenden Tage im Zentrum von Athen wirkte ziemlich apokalyptisch. Während der Hitzewelle konnten tagelang wegen der schlechten Luft mit Rauchgeruch & extrem hohen Feinstaubwerten die Fenster nicht aufgemacht werden. Das war besonders in den warmen Nächten sehr unangenehm. Aufgrund der drohenden Blackouts durch die Nähe der Waldbrände zur Netzinfrastruktur war die Bevölkerung aufgerufen, Strom zu sparen, also auch die Klimaanlagen herunter zu regeln oder noch besser auszuschalten. Die Sonne stand tagsüber zum Teil nur noch als glutroter Feuerball am Himmel, so dicht war die Luft von Rauchpartikeln gesättigt. Immer wieder taumelten große Ascheteilchen wie Blätter vom Himmel.
Wie konnte es dazu kommen?
Waldbrände sind im Mittelmeerraum nicht selten. Doch diese Ausmaße kannte bisher noch niemand.
Nachdem die Regierung in Athen im letzten Jahr erfolgreich die Polizeitruppen des Landes vergrößert und mit neuer Ausrüstung versorgt hatte, wurde innerhalb weniger Tage klar, dass die aufgeschobene Modernisierung der Feuerwehr einen riesigen Schaden verursachen würde: In der Hitzewelle Anfang August 2021 verlor Griechenland 11 Prozent seiner nationalen Wälder durch Waldbrände.
Auch weitere fragwürdige Entscheidungen während dieser Krise führten wohlmöglich zu den verheerenden Ergebnissen: einige der Löschflugzeuge wurden ausgerechnet genau vor der Hitzewelle in die Wartung geschickt. Darunter auch das größte, unter dem Namen „Das russische Biest“ bekannte Flugzeug. Durch die Evakuierungen ganzer Gebiete fehlten vor Ort Menschen, die eintreffenden Feuerwehrleuten aus anderen Regionen über wichtige Details zu den lokalen Gegebenheiten informieren konnten. Während der Großteil der Einsatzkräfte und Technik in den Aussenbezirken der Hauptstadt eingesetzt wurde, blieben andere sehr waldreiche Gebiete stark unterbesetzt, so dass die Feuer dort spätestens beim Auffrischen des Windes am dritten Tag nicht mehr beherrschbar wurden. Als Ergebnis aller dieser Versäumnisse brannte ein Drittel von Griechenlands zweitgrößter Insel ab.
Die meisten dieser Informationen habe ich in Gesprächen erfahren. Ob alles wahr ist, kann ich nicht garantieren, aber meine Recherchen zeigten, dass es trotz realer Investitionen in die Polizei auf Seiten der Feuerwehr einen Ausbau zum Zeitpunkt der Hitzewelle nur auf dem Papier gab.
Was kann ich daraus lernen?
Hitze und Dürreszenarien werden noch in diesem Jahrhundert für große Teile der Welt vorhergesagt. Sie sind heute schon im Ansatz an Orten spürbar, die früher keine solchen Extreme hatten. Es ist wirklich kein Vergnügen, so etwas mitzuerleben! Temperaturen um die 40°C sind auf Dauer zu lebensfeindlich. Der Klimawandel ist real. Weitermachen wie bisher verstärkt solche Bedingungen in Teilen der Welt, in denen sehr viele Menschen davon betroffen sein werden.
Auch in Brandenburg gibt es in den letzten Jahren in steigenden Maßen Waldbrände. Bleibt nur zu hoffen, dass die Politik die richtigen Prioritäten setzt: Mehr Feuerwehr statt mehr Polizei!
Matthias Fritsch ist Teil des Kernteams des Waldgartenpilot in Rehfelde. Als Filmemacher dokumentiert er regelmäßig Phänomene im Zusammenhang mit dem Klimawandel. Als freier Künstler entwickelt er eigene Lösungen und Routinen für einen ressourcenschonenden Alltag. In Rehfelde initiierte er zB die Experimentiergärten, die Schattenbaumschule und den Sämlingswald.